Frauen-„Heil“-Kunde im Umbruch – Anspruch und Schicksal am Anfang des Lebens

Bei meiner Antrittsvorlesung 1978 sprach ich über den Wandel, bei meiner Abschiedsvorlesung 2005 musste ich einen Umbruch der Medizin bzw. der Frauenheilkunde und Geburtsmedizin konstatieren.

In einem einführenden Kapitel werden fünf in Wechselwirkung stehende Ursachen des Umbruchs der Medizin benannt: der Fortschritt der Medizin, die demographische Entwicklung, die Verrechtlichung der Medizin, das Arbeitszeitgesetz und die Fallpauschale.

Auf dem Hintergrund dieses Umbruchs der Medizin wird in Teil II das Tagungsthema aus der Sicht der Frauenheilkunde und Geburtsmedizin reflektiert.
Exemplarisch wird an den besonders konflikthaften Themen Schwangerschaftsabbruch, Reproduktions- und Pränatalmedizin gezeigt, wie Frauenärzte/innen im Sog des Umbruchs der Medizin, in der die Autonomie der Patientin auch Fremdbestimmung einschließt und Schicksal durch die Zauberformel „Unzumutbarkeit“ ersetzt ist, besonders gefährdet sind, durch gesellschaftliche und staatliche Interessen zu Dienstleistern degradiert zu sein.

Die Bedrohung des Menschen durch den Menschen über den Anspruch der „Unzumutbarkeit“, der das Schicksal menschlichen Lebens verneint, entfremdet uns Ärzte/innen dem Heilauftrag. Mit jedem neuen Schritt im Fortschreiten der Medizin müssen wir immer wieder neu jene Grenze suchen und erkennen, wo die Medizin der Utopien, die inhumane Medizin beginnt. Es geht um „Menschsein zwischen Gegebenheit des Lebens und medizintechnischer Gestaltbarkeit“.