Ethik der Gabe
Humane Medizin zwischen Leistungserbringung und Sorge um den Anderen.
2. Freiburger Symposium zu den Grundfragen des Menschseins in der Medizin.
Prof. Dr. Walter Lesch
Curriculum vitae
Walter Lesch, Prof. Dr. phil., geb. 1958 in Duisburg-Rheinhausen, studierte Philosophie, Katholische Theologie und Romanistik in Münster, Fribourg, Jerusalem und Tübingen. Nach den Abschlüssen in Tübingen (Dipl.-Theol., Staatsexamen Französisch/Philosophie, phil. Promotion) arbeitete er von 1988 bis 1999 an der Universität Fribourg – an der Theologischen Fakultät und am Interdisziplinären Institut für Ethik und Menschenrechte – zunächst als Assistent, dann als Forscher des Schweizerischen Nationalfonds. Seit 1999 ist er Professor für Ethik an der Universität Louvain in Belgien (Université catholique de Louvain). Seine Arbeitsschwerpunkte in Lehre und Forschung sind Grundlagenfragen der Moralphilosophie, spezielle Themen der Sozialethik (Politik und Wirtschaft) sowie ethische Aspekte der Kultur- und Religionswissenschaft. Als Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Biomedizinische Ethik (SGBE) ist er seit deren Gründung 1989 im Bereich medizinischer Ethik engagiert.
Abstract: »Logik der Gerechtigkeit oder Poetik der Gabe?
Medizinische Ethik im Spannungsfeld von zwei Optionen«
Die vermeintlich kühl kalkulierende Logik der Gerechtigkeit und die als warmherzig und großzügig empfundene Poetik der Gabe stehen für zwei ethische Grundmuster, deren Verhältnis kaum anders als konfliktreich sein kann. Diese Konflikte, zum Teil durch umfassende Weltbilder überlagert, lassen sich in der Geschichte der Ethik sowohl in historischen Konstellationen als auch in praktischen Feldern angewandter Ethik studieren, exemplarisch im Bereich der medizinischen Ethik und in der Tradition der christlichen Sozialethik. Der Vortrag möchte die Grundstruktur verdeutlichen und in besonderer Auseinandersetzung mit dem Philosophen Paul Ricœur zeigen, wie diese Spannung nicht eine lähmende, sondern eine stimulierende Wirkung für verantwortungsvolles Handeln haben kann. Das starre Entweder-Oder von Gerechtigkeit und Liebe ist als falsche Alternative eine Sackgasse ethischen Denkens. Der Anspruch der Freiheit konkretisiert sich im Ausbalancieren der beiden Optionen.