Ethik der Gabe
Humane Medizin zwischen Leistungserbringung und Sorge um den Anderen.
Medizin zu betreiben heißt vor allen Dingen Sorge tragen für hilfsbedürftige Patienten. Dieser Sorge liegt unweigerlich ein Moment des Gebens zugrunde. In einer von Ökonomie und Effizienz geprägten Ära wird die durch die Sorge um den Anderen motivierte Gabe immer mehr durch den Tausch ersetzt. Dies gilt für die moderne Medizin, die sich häufig auf die einseitige Anwendung von qualitätsgesicherten Verfahren zurückzieht, in besonderer Weise. Immer mehr werden Ärzte dazu angehalten, nicht auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten Rücksicht zu nehmen, sondern nur das zu tun, was sich auch rentiert. Die Selbstverständlichkeit des Geben- und Helfenwollens, die den Kern der ärztlichen und pflegerischen Tätigkeit ausmachen sollte, wird unterminiert und die Gabe zu einem Fremdwort in einer von Ökonomie, Naturwissenschaft und Technik geprägten modernen Medizin.
Mit diesem Symposium soll der Gabe-Gedanke neu erkundet werden und die Bedeutsamkeit einer gebenden Beziehung für eine humane Medizin unterstrichen werden. Der Gedanke der Gabe soll im Sinne einer verinnerlichten Disposition, die das Gebenwollen zum Grundmerkmal einer Helfer-Persönlichkeit macht, thematisiert werden. Dies vor dem Hintergrund, dass in einer ökonomisierten Medizin sich immer mehr das Paradigma des zweckrationalen Tauschverhältnisses einschleicht. Dabei wird übersehen, dass die Arzt-Patient-Beziehung nicht als eine Tauschbeziehung angesehen werden kann, weil man damit die Angewiesenheit des kranken Menschen ignorieren würde.
Der kranke Mensch braucht eine gut organisierte und qualitätsgesicherte Medizin, aber er braucht eben genauso Helfer-Persönlichkeiten, denen das Geben das Selbstverständlichste geblieben ist. Worin das Eigentliche des Gebens liegt und wo auch die Grenzen des Gebens zu suchen sind, wird auf dem Symposium behandelt werden. Durch die Auswahl der Referenten soll hierfür eine Verbindung von Medizin, Philosophie und Theologie ermöglicht werden.