Bernstein Focus for Neurotechnology Freiburg Tübingen
Teilprojekt C6: Neuroethics and Neurotechnology: Emerging Questions from „Hybrid Brains“
Kurzbeschreibung:
Die Möglichkeiten eines technischen Eingriffs in das menschliche Gehirn haben sich in den letzten Jahren deutlich vergrößert und stellen damit in Aussicht, tiefgreifende Veränderungen der Biologie und des Wesens des Menschen zu ermöglichen. Zentrale Schwerpunkte einer „Neuroethik“ sind dabei die Implikationen bildgebender Verfahren oder die Möglichkeiten des Neuroenhancements. Die Frage nach den Konsequenzen von Gehirn-Computer-Schnittstellen (Brain-Machine-Interfaces, BMI) ist dagegen noch relativ jung.
Gerade die Entwicklung und Anwendung von BMIs ist ein jedoch ein Forschungsfeld von Neurowissenschaftlern und Ingenieuren, dessen Ergebnisse in Zukunft eine Vielzahl neuer (therapeutischer und vielleicht auch verbessernder) Anwendungen ermöglichen wird. Aus Perspektive der Neuroethik ist dabei dabei von besonderer Bedeutung, dass durch diese technischen Eingriffe nicht mehr nur der Körper im Sinne des lebenserhaltenden Systems (wie z. B. bei klassischen Herzschrittmachern) oder einem physiologischen Funktionszusammenhang betroffen ist – das Gehirn als Basis von kognitiven Funktionen höherer Ordnung ist auch konstitutiv für zentrale ethisch relevante Konzeptionen wie Personalität, Verantwortlichkeit oder Willens- und Handlungsfreiheit. Daher stellen Gehirn-Computer-Schnittstellen die Ethik und Anthropologie vor grundlegend neue Herausforderungen.
Ziele:
1. Ermittlung der spezifischen neuen Herausforderungen, die der Einsatz von BMIs aus ethischer Perspektive mit sich bringt: Die zentrale Frage lautet, inwiefern BMIs als „Werkzeuge“ im herkömmlichen Sinne betrachtet werden können, wenn sie integraler Bestandteil eines Individuums werden. Besteht ein Unterschied zwischen einem BMI und einer dem Menschen „externen“ Maschine? Unterscheiden sie sich von anderen technischen Implantaten wie Herzschrittmachern?
2. Herausarbeitung normativer Konsequenzen des Einsatzes von BMIs: Insofern BMIs eine „Verschmelzung“ von Mensch (Gehirn) und Maschine (Computer) darstellen, müssen mögliche Wechselwirkungen in Betracht gezogen werden. Inwieweit beeinflussen sich Person und Implantat einseitig oder wechselseitig? Könnte das Implantat grundlegende Konzepte wie Personalität, Verantwortlichkeit oder Willensfreiheit positiv oder negativ beeinflussen?
3. Einbettung in übergeordnete Fragen nach der „Technisierung des Menschen“: Als Anwendungsfall von Neurotechnologien ist die Auseinandersetzung mit Herausforderungen und normativen Konsequenzen von BMIs auf die Debatte um die (Selbst-)technisierung des Menschen zu beziehen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Frage nach den Konsequenzen der Anwendung von Neurotechnologien für unser Selbstbild.